Mädchen und Frauen sind Vorreiter in der Technologieanwendung, wie zum Beispiel in Bezug auf Smartphones oder Apps. Sie sind aber nur unwesentlich an ihrer Technologieentwicklung beteiligt. Die Jobs der Zukunft sind weitreichend digital und vernetzt und die Nachfrage nach Arbeitskräften mit “Computational Thinking Skills” und Problemlösungskompetenzen steigt stetig. Der Erwerb von digitalen Kompetenzen, ins besonders Programmieren, ist von großer Bedeutung für den Aufbau einer positiven wirtschaftlichen, entwicklungsorientierten und innovativen Zukunft. Initiativen für Mädchen können in einer sinnvollen, effektive und langfristige Weise zu einer gerechteren Verteilung von Informationen und zur Chancengleichheit im Bildungswesen beitragen können.
Forschungen und Studien zeigen, dass die Mehrheit der Frauen und jungen Mädchen glauben, dass ihr Interesse und ihre Fähigkeiten nicht mit dem Fachbereich der Informatik vereinbar ist und somit wird oftmals ein Job gewählt, welcher mehr ihrem sozialen Geschlecht entspricht.
“You can’t be what you can’t see.”
Marian Wright Edelman, Founder and President of the Children’s Defense Fund, 2011
Wenn Frauen aber in diesem Berufsfeld nicht einbezogen werden, haben sie keine Chance eine tragende Entscheidungsrolle in der Umsetzung von Innovationen, Projekte und Forschungen einzunehmen und daher werden diese Entwicklungen weitgehend ohne ihre Beteiligung durchgeführt. Wenn Frauen aber (Führungs-) Positionen in der Technik übernehmen, können sie persönliche Identitätsbarrieren wie Geschlechterrollenstereotypisierung und Diskriminierung aufbrechen. Ein geschichtlicher Rückblick zeigt, dass viele große Pionierinnen wie Ada Lovelace, Hedy Lamarr oder Grace Hopper einen großen Einfluss auf technologische Entwicklungen hatten und die Berufe in der IT nicht immer männerdominiert waren. Des Weiteren kann aufgezeigt werden, dass Unternehmen erfolgreicher sind, wenn sie Gleichstellung in ihrer Organisation priorisieren. Das Scheinwerferlicht in der Informatik liegt auf junge Frauen. Es geht darum, Angebote für sie öffentlich sichtbarer zu machen, ihnen die Chance zu geben diese am Arbeitsmarkt nutzen zu können, sich weiterzubilden, finanziell unabhängig zu sein und somit einen erhöhten Beitrag zur Weiterentwicklung der Gesellschaft zu leisten.
Bei Mädchen zwischen 12-15 Jahre gibt es bereits geschlechtsspezifische Unterschiede in Bezug auf Interesse, Selbstzugehörigkeit oder Selbstwirksamkeit. Die Literatur nennt als Gründe: männlich dominierte Stereotypen, Vorurteile über Programmieren, eine Ungleichheit in der Bildung, das Fehlen weiblicher Vorbilder und Mentor_innen, sowie eine geringere Möglichkeiten Erfahrungen im Bereich der Technik zu sammeln (z.B. durch Eltern, Freunde etc.) . Die meisten dieser Faktoren haben einen gravierenden Einfluss auf das Selbstbewusstsein der Mädchen. Das Ergebnis ist eine Konstruktion eines weitern Stereotypen: das hilflose, uninteressierte und unglückliche “Mädchen in der Technik‘“. Weibliche Teenager denken daher, dass sie brillant oder hyperintelligent sein müssen und nicht Eigenschaften wie motiviert, interessiert und fokussiert auch auschlaggebend sein können, um in diesen Bereichen erfolgreich zu sein.
In diversen Projekten an der TU Graz (z.B. das H2020 Projekt No One Left Behind, RemoteMentor oder Code&Stitch) konnten keine Unterschiede im Programmierverhalten zwischen Jungen und Mädchen feststellt werden. Jedoch sind es andere Interessen bzw. Anker mit denen Mädchen begeistert werden können. Zum Beispiel werden Coding-Apps, wie Luna&Cat durch andere Keywords gefunden, wie Art, Design und Kreativität. Das sind die Keywörter die das Interesse der Mädchen widerspiegeln. Ein Fokus auf das Umfeld (Unterstützung, Freiheiten, Kreativität) und Inklusion (Blick auf unterschiedliche Verhaltensweisen, Stile) steigern den Erfolg von spielerischen Programmierungsveranstaltungen für Mädchen. Weitere Informationen dazu, sowie aktuelle Veröffentlichungen dazu sind unter https://bernadette-spieler.com
Es gibt vielversprechende Wege die Informatik spannend und spielerisch darzustellen und alle gleichermaßen zu begeistern. Gut ausgebildete und motivierende Informatiklehrende spielen dabei eine wichtige Rolle, da diese vermitteln und verkörpern was Informatik sein kann. Informatiklehrkräfte zeigen aber nicht nur Inhalte und Methoden, sondern auch implizit wer sich zugehörig zum Fach empfindet und wer eher nicht. Dabei spielt nicht nur die Persönlichkeit der Lehrkraft als Repräsentation der Informatikkultur eine Rolle, sondern auch die Dynamik des Unterrichtsgeschehens.
Mehr zum Thema: In einer Zusammenarbeit mit dem Projekt “Gendering MINT digital” der Humboldt Universität enstand diese OER-Lehreinheit zu “Gender & Informatikunterricht”: https://www2.hu-berlin.de/genderingmintdigital/lerneinheit/informatik-unterricht/
Unter den folgenden Download können werden verschiedene Unterrichtssituationen geschildert:
Überlegen Sie sich:
- Was würden Sie tun?
- Was könnten Sie den Schüler*Innen anbieten?
- Welche Hinweise oder Tipps könnten Sie geben?
- Was können Sie tun, wenn die Schüler*innen nicht darauf einsteigten?
- Was wäre der Best Case/Worst Case?
- Welche alternativen Optionen fallen Ihnen ein?
Anmerkung: Die Szenarien sortieren die Schüler*innen zweigeschlechtlich ein. Damit sollen keine Aussagen über geschlechtsbezogene Wesensmerkmale getroffen werden. Diese Übung soll Ihnen auch helfen, Wahrnehmungs- und Zuschreibungsmuster zu hinterfragen.